​​Impostor-Syndrom: Woher kommen diese Gedanken?

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Gerade jüngere Menschen haben oft das Gefühl, dass sie in ihrem Job nicht gut genug sind. Dazu kommt die ständige Angst, dass sie als inkompetente:r Mitarbeiter:in entlarvt werden, für die sie sich selbst halten. Dieses Phänomen wurde von Pauline Rose Clance und Suzanne Imes entdeckt und benannt. Heutzutage wird das „Hochstapler-Phänomen“ meist als Impostor-Syndrom bezeichnet, was keine offizielle Diagnose ist. Jedoch können die Gedanken und das Gefühl der Unzulänglichkeit in einer beruflichen Position dazu führen, dass viele Berufstätige an sich selbst zweifeln.

Woher kommen diese Gedanken?

Was der Grund für diese Gedanken ist, lässt sich wie so oft nicht eindeutig ausmachen. Erfahrungen aus der Praxis und Forschungspublikationen haben gezeigt, dass ein geringeres Selbstwertgefühl mit diesem Phänomen zusammenhängt. Dies kann durch eine Reihe von äußeren und inneren Faktoren verursacht werden. Äußere Faktoren wie Ausgrenzung, Diskriminierung und historisch begründete Ansichten können eine Rolle spielen. Verinnerlichte Faktoren, wie z. B. eine bestimmte Meinung über uns selbst, als wir noch klein waren, oder ein Mangel an Klarheit, sowie Erfahrungen können ebenfalls die Ursache für das Impostor-Syndrom sein.

Was kannst du dagegen tun?

Wenn du am Imposter-Syndrom leidest, gibt es mehrere Dinge, die du selbst oder mit der Hilfe eines "Professionals", also Psycholog:in oder Therapeut:in, ausprobieren kannst.

Mache dir regelmäßig deine Erfolge bewusst

Menschen mit geringem Selbstwertgefühl scheinen sich ihrer Fehler und Misserfolge oft stärker bewusst zu sein als ihrer Erfolge (Emler, 2002). Im Laufe der Zeit führt dies zu einem noch geringeren Selbstwertgefühl und weiteren abwertenden Gedanken. Du kannst aber aktiv daran arbeiten und dir deine Leistungen bewusster machen, indem du es dir leichter machst, dich  daran zu erinnern. 

Richte beispielsweise einen Ordner auf deinem Computer ein, in dem du Erinnerungen an deine Erfolge speicherst. Beispiele könnten ein positives Feedback, eine kurze Notiz zu persönlichen Leistungen und die große Sorgfalt sein, die du in deine Arbeit gesteckt hast. Mit der Zeit wirst du eine ganze Liste mit Punkten sammeln, die dir helfen können, negative Gedanken zu überwinden, indem du an deine zahlreichen Erfolgserlebnisse erinnert wirst.

Sprich mit einer Person deines Vertrauens

Eines der psychisch belastendsten Gefühle ist Scham (Bateman & Engel, 2018). Aus Scham trauen wir uns nicht, über unsere Erfahrungen zu sprechen, weil wir soziale Konsequenzen fürchten. Sie sorgt dafür, dass wir uns weiter alleine durchkämpfen und hindert uns daran, uns weiterzuentwickeln. Im Falle des Imposter-Syndroms könnte uns die Angst davor, dass andere uns unsere Befürchtungen bestätigen, davon abhalten, mit ihnen über unsere Gefühle zu sprechen.

Vielen Menschen geht es ähnlich. Von vielen hättest du niemals gedacht, dass sie mit Selbstzweifeln zu kämpfen haben. Um diesen Kreislauf aus Scham und Angst zu durchbrechen, musst du deine Erfahrungen mit vertrauenswürdigen Menschen teilen. Das können einzelne Personen aus deinem privaten Umfeld sein, aber es ist besonders hilfreich, sich mit jemandem auszutauschen, der sich in einer ähnlichen Lage befindet. Oft wirst du feststellen, dass die andere Person unter genau denselben Gefühlen leidet oder gelitten hat. Zu wissen, dass sich andere in der gleichen Situation befanden oder noch befinden, kann eine Bestätigung dafür sein, dass diese Gefühle unnötig sind, und der erste Schritt, um die Situation zu bewältigen.

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Suche dir Vorbilder

Eine weitere Möglichkeit, das Imposter-Syndrom zu überwinden, besteht darin, Menschen zu finden, mit denen du dich identifizieren kannst und die in einer ähnlichen Situation wie du selbst waren, und sie sich zum Vorbild zu nehmen. Wenn jemand deine Situation und deinen Hintergrund gut kennt, kann das ein großer Motivator sein, wenn es darum geht, deine Angst vor der Unzulänglichkeit zu überwinden. Das kann ein:e Managerin oder ein:e Vorgesetzte:r an deinem Arbeitsplatz sein, zu dem du aufschaust, es kann aber auch eine Person sein, die du nicht persönlich kennst. Suche dir jemanden, mit dem du dich identifizieren kannst, und frage dich: „Was würde diese Person an meiner Stelle tun?“

Hinterfrage negative Glaubenssätze

Dies geschieht in vier Schritten:

  1. Der Gedanke wird dir bewusst. Zum Beispiel: „Ich habe diesen Job nur, weil ich Glück hatte.“
  2. Du schreibst den wenig hilfreichen Gedanken auf, um ihn leichter hinterfragen zu können. 
  3. Du widerlegst diesen Gedanken mit Daten. Zum Beispiel: „Ich habe überwiegend positives Feedback zu meiner Arbeit erhalten.“ oder „Ich habe hart gearbeitet, um meinen Abschluss zu erreichen, der für diese Position erforderlich ist.“
  4. Du überlegst dir eine positivere Formulierung für diesen Gedanken. Zum Beispiel: „Ich habe Glück gehabt, dass ich diese Stelle bekommen habe, aber ich arbeite hart und mache meine Sache gut.“ 

Es kann anfangs etwas schwierig sein, diese Methode anzuwenden. Deshalb schlage ich vor, dass du dieses Thema mit einem Professional besprichst und sie bittest, diese Schritte anhand einiger Beispiele mit dir durchzugehen, bevor du es allein versuchst.

Denke daran: Selbstvertrauen ist nicht gleich Kompetenz

Das Imposter-Syndrom hat viel mit Selbstvertrauen zu tun. Deshalb ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass Selbstvertrauen nicht mit Kompetenz gleichzusetzen ist. Du wirst oft die Erfahrung machen, dass Selbstvertrauen dadurch entsteht, dass du Dinge tust, vor denen du Angst hast. Das bedeutet, dass es manchmal hilfreich sein kann, sich der Angst zu stellen, z. B. vor einer Präsentation oder einem neuen Projekt, anstatt sie zu vermeiden und so mehr Selbstvertrauen zu entwickeln. Wenn wir uns den Herausforderungen stellen, wachsen wir über uns hinaus. Höchstwahrscheinlich wirst du feststellen, dass die Angst, die du empfunden hast, übertrieben oder sogar unbegründet war, sobald du die Situation gemeistert hast.

Am Selbstvertrauen zu arbeiten und das Impostor-Syndrom zu überwinden, ist nicht einfach. Du musst diese Aufgabe nicht allein bewältigen. Ein Auntie Professional kann dich bei diesem Prozess begleiten und dir gezielt helfen. Viele Menschen in Führungspositionen leiden unter dem Impostor-Syndrom (ein weiteres Indiz dafür, dass es nicht die Qualifikationen sind, die die Ängste auslösen).

Referenzen:

  • Bateman, M., & Engel, S. (2018). To shame or not to shame - that is the sanitation question. Development Policy Review, 36(2), 155-173.
  • Clance, P. R., Dingman, D., Reviere, S. L., & Stober, D. R. (1995). Impostor Phenomenon in an Interpersonal/Social Context: Origins and Treatment. Women & Therapy, 16(4), 79-96.
  • Dingman, Debbara. (1988). The impostor phenomenon and social mobility: You can’t go home again. Dissertation Abstracts International. 49. 2375.
  • Emler, N. (2002). The costs and causes of low self-esteem. Youth Studies Australia, 21(3), 45-48.
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